Alle Jahre wieder grüßt die OMR und öffnet als beschauliches, ja beinahe familiäres Event der Online Marketing Branche über 70.000 Besucher:innen ihre Türen. Und ich durfte mich dazukuscheln.
Von Julia Weißbach, Head of SEO bei SYZYGY Performance
Auf 7 Stages mit über 800 Speaker:innen wurde jedem ein breites Programm aus Celebrities & Influencer:innen, Brands, Nachhaltigkeit, Diversity sowie verschiedenen Fachthemen und Cases geboten. Wer zwischendurch noch Zeit hatte, durfte sich auf 3 große Hallen mit Premium und Normalo Expo mit ca. 1000 Ausstellern freuen. Gelände und Stimmung bringen einen also schon mal in den richtigen Festival Groove.
Auf los geht’s los und das große Rennen um Plätze und Vorträge fing an und hörte nicht auf. Ich muss sagen, dass in diesem Jahr ein Mü mehr Fachthemen platziert waren, auch wenn der Großteil aus Produktpräsentationen, Brandvorstellungen, Cases und nicht zu vergessen A-Z Promis bestand.
Ich habe für euch die Vorträge, die ich sehen durfte, zusammengefasst und wir starten direkt mit dem Gründer der OMR:
Mit „State of the German Internet“ gibt uns Philipp Westermeyer zusammen mit Roland Eisenbrand wieder sehr gelungene Einblicke in die aktuellen Entwicklungen des Digitalmarktes. Wo stehen wir also und wo wird uns der Weg weiter hinführen?
1. GAFA an seinem Peak?
Es muss sich der Frage gestellt werden, ob das börsennotierte amerikanische Internet, sprich GAFA, seinen Zenit erreicht hat. Eine Antwort darauf gibt es allerdings noch nicht, aber Philipp teilt ein paar Gedanken mit uns. Die Wettbewerbssituation zeigt, dass die GAFA-Unternehmen heute gegeneinander kämpfen und sich damit gegenseitig Marktanteile abnehmen müssen. Dabei spielen Suche, Cloud, Hardware sowie Media und Marketing eine zentrale Rolle.
2. Gewinner und Verlierer der letzten Monate
Große Winner am Digital Markt findet man im Sport Streaming und im Bereich Climate Tech. 25 % des Venture Capitals fließen in 2022 in Climate Tech. Wer hat noch gewonnen: Prompt Engineers. Ja, liebe Freund:innen, es ist Zeit umzuschulen. KI verändert nicht nur die Digitalwelt. Natürlich entstehen auch neue Berufsfelder daraus.
Wer waren die Verlierer der letzten Monate? Na, wer ahnt es? Ja, es ist das Metaverse. Wie viel haben wir darüber gesprochen und doch ist es nie so richtig zu uns gekommen. Mit Zugriffszahlen, die noch unter MySpace (ja es gibt MySpace noch) liegen, ist es vielleicht einfach noch nicht so weit. Auch Social Media hat verloren. Hm,…da horcht man auf. Würde ich tatsächlich auch nicht unterschreiben, aber Philipp relativiert. Das Social hat verloren, statt soziale Kontakte pflegen, sind die Netzwerke gefüllt mit Profi & Entertainment Content von Portalen und Influencer:innen. Social Media findet in dem Sinne also nicht mehr statt.
3. Social Media und der Kampf um die Aufmerksamkeit
Doch werfen wir einen genaueren Blick auf Social Media. Es wird deutlich, dass die Aufmerksamkeit der User zurückgegangen ist. Nur noch 0,4 Sekunden soll man haben, um den/die Nutzer:in für sich zu gewinnen. Ein Blinzeln, wenn man so will. Das erklärt den deutlichen Fokus auf Kurzvideos über alle sozialen Netzwerke und den enormen Boom von TikTok. Mit durchschnittlich 23,5 h im Monat ist es das meistgenutzte Netzwerk.
4. Wie lade ich meine Brand auf?
Als nächstes gibt uns Philipp noch Ideen zum Aufladen unserer Marken. Testimonials sind eine Möglichkeit, aber die Quintessenz ist: sie sind nicht mehr so günstig wie Onkel Dittmeyer von Valensina und es kann auch mal nach hinten losgehen. Doch wer influenced die Influencer:innen? Und damit kommen wir zum 2. Punkt: Marken können aufgeladen werden durch ART. Die Zusammenarbeit mit Museen, Ausstellungen und Kunstforen kann einer Brand einen großen Push geben und helfen selbst zur Inspirationsquelle zu werden. Und aller guten Dinge sind 3: Wie können wir Marken also noch aufladen? Die Antwort ist Purpose. D.h. weg von Greenwashing, hin zu ehrlichem, sinnhaftem Engagement.
5. Quick Wins mit einem Ehrengast: SEO!!!
Zum Abschluss möchte uns Philipp noch ein paar Quick Wins mitgeben. Und da passiert es doch tatsächlich! SEO erscheint auf der Leinwand. Die Menge tobt, ich lieg mir weinend mit meinen Kolleg:innen in den Armen! Hinter uns verbrennt jemand Anzeigen. Unser ganz persönlicher Oscar-Moment und dafür danke ich dir höchstpersönlich Philipp! Aber ein Vorschlag:
Wenn es um State of the Art SEO geht, ruf gerne durch, denn eines steht fest, Upper Funnel SEO ist es…Trommelwirbel…nicht.
Nachdem Content King und Queen war, relevant, hilfreich, EAT, nachdem Google uns mit dem Thema quasi watergeboarded hat, wären wir doch da nur auf die Idee gekommen, auch generische Keywords der Awareness Phase zu bespielen. Oh warte, das sind wir und zwar seit mindestens 4 Jahren. Aber nichtsdestotrotz freue ich mich unglaublich, dass SEO es auf die Bühne geschafft hat: Philipp, ich bin bereit, mein SEO-Wissen gegen eine Weinschorle unter 13,50 € einzutauschen. Keine Scherz, ich biete hier einen Deal.
Aber natürlich möchte ich euch die anderen Quick Wins nicht vorenthalten: Nutzt Bing, denn der Traffic ist conversionstärker als bei Google. Um ehrlich zu sein, würde ich hier gern einmal Einblicke in die Datenbasis haben. Welche Branchen wurden sich angeschaut, welche Keywords, was ist also die Bemessungsgrundlage. Denn ich weiß nicht, ob ich diesen Satz blind unterschreiben würde, nicht mal als SEO 🙂 Aber gut, es kann einen Test wert sein. Schlussendlich der letzte Quick Win mit WhatsApp Newslettern, wie sie die OMR selbst, aber auch Brands wie Snocks erfolgreich nutzen.
Danke für die tollen Einblicke. Es war auf jeden Fall viel Material dabei, dass zum Nachdenken anregt 🐱🏍 .
Als nächstes möchte ich mit euch einen Blick auf das Kernthema der OMR – Künstliche Intelligenz – werfen. Es gab zahlreiche Diskussionen und Vorträge über die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf die Digitalwelt, Ökonomie und Gesellschaft. Einige von Ihnen habe ich für euch zusammengefasst.
Zunächst gibt uns Richard Socher, Gründer und CEO der Suchmaschine YOU, Einblicke in seine Vision der Suche. YOU ist seit knapp 3 Jahren auf dem Markt und hat Datensicherheit und Vertrauen zu ihrem Fokus gemacht. Dabei arbeitet die Suchmaschine mit KI und nutzt diese für die Suche, den Chat sowie Schreib- und Coding-Assistenz. Die bezahlte Suche steht nicht im Mittelpunkt.
Wie also sieht Socher die Zukunft der Suche: Fakt ist, die Web-Suche müsse revolutioniert werden. Auch heute noch liefert sie nicht die Antworten auf Fragen, sondern blaue Links und das trotz deutlicher Entwicklungen in der Sprachverarbeitung. Laut Socher wird die Sprachverarbeitung noch stärker werden. Sie übertrifft jetzt schon in vielen Punkten den Menschen. So werden sich Suchen in Zukunft mehr zu Gesprächen entwickeln. Statt einer Auflistung von möglichen Websites, sollen Antworten also direkt gegeben werden. Dabei werden auch multimodale Ergebnisse, wie YOU sie bereits ausgibt, eine wichtige Rolle spielen.
Natürlich ist auch Google selbst am Start, wenn auch nur mit einem sehr kurzen Slot. In ihrem Vortrag „AI for everyone“ zeigen sie uns, wie sie weit über die Suche hinaus bereits seit Jahren mit KI arbeiten. So helfen sie bei der Stadt- und Verkehrsplanung, bei der Frühwarnung vor Fluten, bei der MRT-Befundung usw. Wie es mit Bard und Magi weitergehen soll, wird leider nicht zum Thema gemacht.
Philipp Kloeckner wirft mit uns einen detaillierten Blick auf das Zeitalter der Effizienz. Welchen Einfluss nimmt KI und was sind die großen Risiken? Die Entwicklung von Large Language Modells verläuft exponentiell, was natürlich Hand in Hand mit den Entwicklungen am KI-Markt geht. Gespannt schauen wir auf die Slide „Welche Jobs wird AI killen?“ Ich klopfe meiner Kollegin traurig auf die Schulter. Wir hatten ne gute Zeit. Doch es bleibt kein Moment zum Trauern, denn wir befassen uns mit den unmittelbaren Risiken von AI wie Content Explosionen, maximaler Ablenkung, Verlust von Heterogenität sowie Polarisierung und Vertrauensrückgang. Doch wo Schatten ist, ist auch Licht, so dürfen wir uns auch über ein paar Chancen freuen. Mithilfe von AI erhalten wir Möglichkeiten zum multivariaten Testing. Die künstliche Intelligenz erstellt uns ganz einfach Kampagnenmaterial für diverse Zielgruppen und ermöglicht damit eine noch genauere Ansprache von Usern. Doch wo wird uns AI hinführen? Nach der Everything Bubble folgt die AI Bubble. Stand jetzt werden jeden Tag 7 neue Startups finanziert und das mit steigender Tendenz. Es bleibt also spannend am Markt.
Schlussendlich hatte ich noch die Chance, Jens Polomski und seinem Vortrag zur Zukunft des Marketings zu folgen. Ich muss sagen, mein Highlight der OMR. Jens zeigt uns, wie er uns bei der Kampagnenerstellung ersetzen kann und man muss ehrlich sagen, es gelingt. Er baut seine eigene imaginäre Kaffeemarke auf, lässt sich eine Website erstellen, entwickelt Digital Assets, kreiert seine eigenen Testimonials, baut interaktive Tools ein, schafft Content, Slogans, ja verwendet sogar Stimmen mit gewisser Ähnlichkeit zu dem ein oder anderen Prominenten.
Ein rundum gelungener Vortrag, der die Möglichkeiten von AI praxisnah auf den Punkt bringt.
Kommen wir abschließend noch zu ein paar Celebrities 🤩:
Wer braucht Macklemore, wenn man Boris Becker haben kann…Ich, liebe Freunde, ich. Aber gut, es kommt, wie es kommt. Also machen wir das Beste daraus. Boris is still standing und ist bereit für viele neue Aufgaben, ob als Moderator oder Entwickler seiner Brand. Das war die Quintessenz des Interviews. Serena Williams hatte hier schon mehr Inspiration für uns parat. Doch es war ein Weg dorthin. 10 lange Minuten wurden wir durch Gala Talk über Familie und Kinder getragen. Herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft, wie läuft es mit der Tochter, wie war es ihr Tennis beizubringen, was für süße Videos und mein persönliches Highlight „Was war schwieriger: Tennisprofi oder eine gute Mutter zu sein?“ Auch an dieser Stelle: Es ist natürlich schön etwas Background zu tollen Persönlichkeiten zu erfahren,
aber bei einer solchen Konferenz dürfen wir es uns, denke ich, erlauben, Serena nicht nur als Wahnsinns-Mutter, die sie mit Sicherheit ist, sondern eventuell auch als Wahnsinns-Investorin hervorzuheben. Oder mit anderen Worten: Wurde Ashton Kutcher, als er letztes Jahr da war, überhaupt eine Frage zu seinen Kindern und seiner Frau gestellt?
Aber gut, winken wir es mit einem müden Lächeln und einem Augenzwinkern ab. Serena hat über 111 Mio Dollar in verschiedenste Firmen investiert und fördert dabei bewusst POC und Frauen. Nach welchen Kriterien sie dann auswählt, was ihre beste und schlechteste Investition war, was sie Leuten rät, die Investoren suchen und begeistern wollen und welche Rolle dabei eigentlich Online Marketing spielt, wurde leider nicht geklärt, aber vielleicht beim nächsten Mal. Sonst kann ich zusammenfassen, ihre Tochter ist kein Tennisfan, sie hat ihren Mann auf einer Tech-Konferenz kennengelernt und sie hat bereits während ihrer Tenniskarriere viele Side Projekte gehabt, wie den Aufbau ihrer eigenen Fashion Brand. Ich sage Chapeau: Mit einer unglaublichen Ausstrahlung und viel Witz und Charme hat Serena den Saal und auch mich begeistert.
Nach all unseren Erkenntnissen kommen wir nun zum absolut notwendigen Survival Guide für die OMR nächstes Jahr. Ich fasse hier mein Wissen der letzten Jahre für euch zusammen, meine jungen Padawane:
- Azyklisches Essen und Pausen: Wenn ihr die Chance auf etwas zu essen haben wollt, was nicht Kaviar oder Sushi von Steffen Henssler ist, dann fangt eure Mittagspause um 10:30 Uhr an. Abendessen wiederum beginnt um 22:00 Uhr.
- Akkreditierung: Es ist wichtig, hier frühzeitig aktiv zu werden und schon zwei Tage vorher entweder Rücken-, Kopf- oder Gliederschmerzen in den Raum zu werfen. Nur so könnt ihr eure Kolleg:innen gleich briefen, euch mitzuakkreditieren, wenn sie sich auf den Weg machen.
- Schlechtes Wetter: Wenn ihr aus Hamburg seid, … ich bitte euch. Wenn ihr von außerhalb kommt, nehmt keinen Schirm mit, die OMR hält sie für euch parat.
- Trinken könnt ihr mitnehmen: Passt auf, dass ihr zwei Flaschen einpackt. Eine Flasche Wasser und eine Flasche Wein: Ich werfe an dieser Stelle nochmal das Stichwort 13,50 € für eine Weinschorle in den Raum.
- Orga ist alles: Ja ich weiß, der Timetable ist ungefähr so umfangreich wie alle GOT Bände, aber ohne Vorbereitung läuft leider gar nichts. Dann seht ihr original alles und nichts und verpasst die fachlich guten Vorträge, die es durchaus gibt, wenn man schaut.
- Blue Stage: Egal wie cool die Themen sind, es ist unfassbar laut. Ich hab’s versucht, 3 Mal, aber es ist leichter für mich, eine Hundepfeiffe zu hören, als hier zu folgen.
- Und wo wir gerade dabei sind: Sucht keine aufeinanderfolgenden Vorträge, die zuerst auf der Blue Stage und danach auf der Yellow Stage stattfinden. Der Weg zwischen beiden Hallen ist ungefähr so beschwerlich wie Frodos Reise nach Mordor und dauert auch genauso lange. Ich musste rennen. Und damit meine ich kein lockeres Joggen im Park, sondern ein hinter-mir-läuft-der-Clown-von-ES-Rennen.
- Celebrity oder Party: Es ist die Qual der Wahl, aber ihr werdet euch entscheiden müssen. Nach dem letzten Talk noch eine Chance auf die Red Stage zu haben liegt bei -1. Aber macht nichts, ich habe ein bisschen im Regen geweint und mich mit meiner 13,50 € Weinschorle getröstet.
Zum Abschluss noch die Kurzzusammenfassung: Das war mal wieder was! Doch ich gebe zu: Ich bin auch immer wieder gern dabei. Es ist natürlich leicht, die Stimme aus dem Off zu spielen und zu sagen, es war zu voll, alles war zu teuer, ich kam nicht auf alle Stages, zu wenig Masterclasses. Aber ich muss trotz allem sagen, Chapeau an den OMR Gründer Philipp Westermeyer. Es ist schon eine krasse Nummer, so ein Event zu organisieren. Wenn ich 2 kleine Sachen anmerken dürfte, dann vielleicht 2 L.A. Größen weniger und dafür 2 Fachgrößen mehr und noch ein Mü mehr Fokus auf Online Marketing (SEO wäre wahrscheinlich Wunschdenken) und einen Wein unter 10 € und ich bin glücklich.
Danke für ein tolles Event auch in diesem Jahr!
Head of SEO